Krankheitsbild: Depression

Die Depression scheint im öffentlichen Diskurs längst angekommen zu sein. Viele prominente Menschen bekennen sich zum Krankheitsbild und erzählen ihre Geschichte. Für den Einzelnen bedeutet die Erkrankung jedoch noch immer ein großes Tabuthema. Vor allem fehlen oftmals handfestes Wissen zur Depression und die Antwort auf die Frage: Wo liegt die Grenze zwischen schlechten Tagen und einer depressiven Episode? In der Privatklinik Maria Hilf sprechen wir mit Dr. Raimann über die Wichtigkeit der individuellen Diagnose und über die Erforschung neuer Substanzen, die vielversprechend scheinen.

Sehr geehrter Herr Dr. Raimann, wir starten mit einer essenziellen Frage: Wann spricht man von einer Depression?
Dr. Raimann: Nach Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) müssen für eine Depression mindestens zwei der drei Kernsymptome und mindestens zwei der sieben Zusatzsymptome über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen durchgehend bestehen. Zu den Kernsymptomen zählen beispielsweise gedrückte oder traurige Stimmung und jegliche Losigkeiten, wie Antriebslosigkeit, Freudlosigkeit, Interesselosigkeit usw. Zu den Nebensymptomen zählen beispielsweise Schlafstörungen, körperliche Beschwerden, Unruhe, Angst, Konzentrationsstörungen usw. Sagen wir, Patienten würden zwei Tage lang all diese Symptome aufweisen, gelten sie trotzdem nicht als depressiv. Der Zeitraum ist entscheidend.

An dieser Stelle ist es mit der individuellen Diagnose jedoch nicht getan. Wie gehen Sie in der Privatklinik Maria Hilf vor?
Dr. Raimann: In erster Linie geht es darum, die Depression überhaupt erst einmal erkennen zu können. Das erweist sich oft als schwierig, da betroffene Menschen häufig nicht die typischen Hauptsymptome nennen, sondern über Zusatzsymptome, wie Schlafstörungen oder körperliche Beschwerden, klagen. Man stellt sich den depressiven Menschen weinend und tieftraurig vor, das ist jedoch nicht immer der Fall. So werden oftmals körperliche Beschwerden beim Internisten abgeklärt und die Depression wird erst viel später erkannt.

Durch unser erfahrenes psychotherapeutisches Team sind wir in der Lage, Depressionen in all ihren Formen schnell zu erkennen. Wir arbeiten lösungsorientiert und können den Betroffenen in kürzester Zeit ihren individuellen Behandlungsweg kommunizieren. Transparent und klar. Denn nach dem Erkennen ist das Verstehen der Erkrankung ein wichtiger Teil des Heilungsprozesses.

Gehen wir hier ins Detail: Wie können Patienten ihre Depression verstehen? Gibt es unterschiedliche Auslöser für depressive Episoden?
Dr. Raimann: Ja, die gibt es. Deshalb erstellen wir mit allen Patienten ein individuelles Störungsmodell und vermitteln ihnen ihr Krankheitsbild möglichst bildhaft und verständlich. Das beginnt bei der Unterscheidung zwischen der biochemischen Veranlagung zur Depression und endet beim Auslöser durch übermäßige psychosoziale Belastungsfaktoren, die ein Mensch durchlebt hat oder aktuell durchlebt. Für die Patienten ist es wichtig, zu verstehen, dass die Depression eine körperliche Erkrankung ist, die man sich nicht aussucht. Es handelt sich um eine chemische Veränderung im Gehirn – und diese hat viele Gesichter.

Welche Formen treten auf und wie können sie behandelt werden?
Dr. Raimann: Zuerst wird die Depression in leicht, mittelschwer und schwer unterteilt. Die Kategorisierung ergibt sich aus der Anzahl an Haupt- und Nebensymptomen. Zudem zeigen sich Unterformen der Erkrankung: Agitierte Depression, gehemmte Depression, bipolare Störungen oder auch Sonderformen, wie z.B. SAD, die saisonbedingte Depression. Deshalb gehen wir stets differenziert vor. Unser Team bietet allen Patienten je nach Schweregrad der Erkrankung modernste Bausteine der Behandlung: Das individuelle Behandlungskonzept kann sich aus psychotherapeutischer, medikamentöser oder der Kombination aus beidem zusammensetzen. In der Privatklinik Villach besteht auch die Möglichkeit zur EKT, der Elektrokrampftherapie, einer sehr wirkungsvollen nicht medikamentösen Behandlungsform. Ich kann nur sagen: Wer sich aufgrund seiner Depression in unseren Privatkliniken in Behandlung begibt, kann auf jeden Fall aus dem Vollen schöpfen.

Zukunftsausblick: In welche Richtung geht die Forschung? Welche neuen Erkenntnisse gibt es?
Dr. Raimann: Hier gibt es tatsächlich einige vielversprechende Substanzen, die uns in den nächsten Jahren neue Behandlungsmöglichkeiten bieten werden. Beispielsweise wird an der Universität Zürich bereits an LSD-Abkömmlingen geforscht, die die tägliche Einnahme von Spiegelmedikamenten ersetzen sollen. Die einmal im Monat verabreichte Dosis konzentriert sich nicht auf die Botenstoffe, wie es Antidepressiva tun, sondern auf die Verbindungen und Synapsen im Gehirn und soll dadurch ihre Wirkung erzielen. Dieselbe Wirkung wird dem Wirkstoff Ketamin nachgesagt, den wir in Sprayform bereits im Einsatz haben. Wir sind offen für jede neue Erkenntnis und verfolgen stets die aktuelle Forschungssituation.

 

Kontakt und weitere Informationen

Dr. Gustav Raimann
Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapeut

Privatklinik Maria Hilf
T: +43 (0)463 444 404
E: gustav.raimann@humanomed.at

www.ordi44.at/raimann

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