Schwindel
Schwindel entsteht durch fehlerhafte Sinneswahrnehmungen und führt unter anderem zu Unsicherheit beim Gehen. Die Ursachen reichen von Innenohrstörungen bis zu Sehproblemen. Eine genaue Diagnose und gezielte Therapie können die Symptome deutlich lindern.
Sensorischer Schwindel
Der sensorische Schwindel ist eine spezielle Form, die entsteht, wenn die Wahrnehmungen verschiedener Sinne nicht übereinstimmen. Dabei spielen vor allem das Gleichgewichtsorgan im Innenohr, die Tiefensensibilität (Propriozeption) und das Sehvermögen eine zentrale Rolle. Wenn aus diesen Systemen, die für die räumliche Orientierung zuständig sind, inkorrekte oder widersprüchliche Informationen kommen, führt dies dazu, dass das Gehirn Schwierigkeiten hat, die Körperposition korrekt zu interpretieren. Der Betroffene fühlt sich unsicher und ist im schwersten Fall sogar sturzgefährdet.
Typische Ursachen für sensorischen Schwindel
Störungen des Gleichgewichtsorgans im Innenohr (Vestibulopathien): Das Gleichgewichtsorgan im Innenohr liefert wichtige Informationen über die Kopf- und Körperposition im Raum. Ist dieses System gestört, kann das Gehirn die Bewegungen nicht mehr zuverlässig einschätzen. Gründe für Funktionsstörungen des Innenohrs können degenerative Veränderungen, Traumen, Infektionen oder Medikamente sein.
Visuelle Störungen: Nicht oder unzureichend korrigierte Fehlsichtigkeit, Katarakt (grauer Star) oder Makuladegeneration können dazu führen, dass das Gehirn unzureichende oder falsche Informationen über die Umgebung erhält.
Beeinträchtigung der Tiefensensibilität: Erkrankungen wie Polyneuropathien führen dazu, dass das Gehirn keine ausreichenden Informationen über die Stellung des Körpers und der Gelenke im Raum erhält.
Neurologische Erkrankungen: eine zentrale Verarbeitung sensorischer Informationen stören.
In der Realität treten diese Defizite oft in Kombination auf. Man spricht dann vom sogenannten multisensorischen Schwindel.
Symptome & Auswirkungen
Dreh- oder Schwankschwindel, sondern im Regelfall als diffuses Gefühl von Instabilität und Gangunsicherheit. Eine typische Aussage von Patienten mit sensorischem Schwindel ist: „Im Liegen habe ich nichts, im Sitzen habe ich nichts, aber kaum stehe ich auf meinen Beinen, bin ich schwindlig.“
Die Gangunsicherheit verstärkt sich auf unebenem oder weichem Untergrund, bei Dunkelheit und beim Bergabgehen (Treppen oder abschüssiges Gelände). Zusatzbelastungen wie Stresssituationen (Straßenverkehr, Menschenmengen, laute, unübersichtliche Umgebung) können die Symptome mitunter verschlimmern.
Dass die Problematik von anderen Menschen unter Umständen bemerkt wird, hat für viele Patienten erhebliche soziale Auswirkungen. Um nicht in Erklärungsnot zu kommen, vermeiden sie soziale Aktivitäten und ziehen sich zurück. Dies führt zu sozialer Isolation, einem Rückgang der Lebensqualität bis hin zur Entwicklung von Angstzuständen und Depressionen.
Diagnostik
Wichtige Untersuchungen sind in erster Linie eine ausführliche klinisch-neurologische Beurteilung sowie der HNO-fachärztliche Status. Ergänzende apparative Untersuchungen umfassen bei klinischem Verdacht:
■ Zerebrale Bildgebung mit besonderem Augenmerk auf das vestibuläre System
■ Augenärztliche Untersuchung, Korrektur von Fehlsichtigkeit oder Katarakt
■ Elektrophysiologische Techniken, vor allem bei Nervenschäden
■ Ausschluss anderer möglicher Schwindelursachen wie internistisch-kardiologischer Erkrankungen
Therapie
Die Therapie richtet sich nach der im Vordergrund stehenden Ursache und umfasst verschiedene Maßnahmen, die sowohl die physischen als auch die psychischen Aspekte berücksichtigen:
■ Korrektur behandelbarer Ursachen wie Fehlsichtigkeit, Katarakt
■ Sicherstellung der bestmöglichen Funktion der anderen Sinnesqualitäten, insbesondere des Hörvermögens
■ Konsequentes Gleichgewichtstraining unter Anleitung von erfahrenen Physiotherapeuten
■ Konsequentes tägliches Gehen mit wechselnden Anforderungen
■ Optimierung der Umgebung (gute Ausleuchtung, Reduktion von Stolperfallen wie Türschwellen oder Teppichen).
■ Tragen von festem und rutschfestem Schuhwerk (keine Schlapfen!)
■ Parallele Behandlung psychischer Komorbiditäten (Depression, Angst)
Der sensorische Schwindel ist ein Syndrom, das viele Menschen mit unterschiedlichster Ausprägung betrifft. Eine präzise Diagnostik ist wichtig, um behandelbare Ursachen zu identifizieren. In vielen Fällen kann durch eine Anpassung der Umgebung und gezieltes körperliches Training eine anhaltende Verbesserung der Symptome erreicht werden.
Kontakt und weitere Informationen
Dr. Sylvia Primosch
Fachärztin für Neurologie & Allgemeinmedizin
Privatklinik Maria Hilf
E: sylvia.primosch@humanomed.at